ÖAMTC-Winterreifentest 2011: Reifen-Modelle und Ergebnisse

Allrounder kein Ersatz für reine Winter- und Sommerreifen.


ÖAMTC: Winterreifentest 2011
© ÖAMTC
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In Vorarlberg ist bereits Ende August der erste Schnee gefallen. Autobesitzer müssen sich also langsam Gedanken über die geeigneten Winterreifen für ihren fahrbaren Untersatz machen. Heuer werden in Österreich rund vier Millionen neue Winterreifen über den Ladentisch rollen. Rund eine Million Autobesitzer stehen also vor einer Entscheidung, die ihr sicheres Vorwärtskommen bei Regen und Schnee beeinflussen kann. Einen wichtigen Anhaltspunkt für die Kaufentscheidung liefern seit unglaublichen 44 Jahren die unabhängigen und umfassenden Reifentests des ÖAMTC und seiner Partnerclubs. Für den heurigen Winterreifentest wurden 14 Modelle der Größe 175/65 R14 T und 16 Pneus der Größe 195/65 R15 T auf Herz und Nieren geprüft. Insgesamt konnten neun der 30 getesteten Reifen das Urteil "sehr empfehlenswert" erreichen. 18 weitere schnitten mit "empfehlenswert" ab. "Demgegenüber stehen nur zwei Modelle, die 'bedingt empfehlenswert' sind. Lediglich ein Reifen musste mit 'nicht empfehlenswert' beurteilt werden", zieht der ÖAMTC-Experte eine durchaus positive Bilanz.

Nachholbedarf und hohe Qualitätsdichte

Von den 14 getesteten Reifen der Dimension 175/65 R14 T wurden drei mit "sehr empfehlenswert" bewertet. "Der Continental ContiWinterContact TS800 überzeugte mit Bestnoten auf Schnee und im Kraftstoffverbrauch, während der Michelin Alpin A4 vor allem beim Verschleiß punktete. Als guter Allrounder erwies sich der Dunlop SP Winter Response", berichtet der ÖAMTC-Experte. Alle anderen Modelle in dieser Dimension zeigten leichte Schwächen in einzelnen Kriterien, wurden aber immer noch mit "empfehlenswert" beurteilt. Darunter befinden sich erfreulicherweise Modelle aus dem mittleren Preissegment wie Sava oder Ceat, aber auch Premiumhersteller wie Goodyear mit dem brandneuen Ultragrip 8. In der großen Dimension erzielte dieses Modell übrigens eine Topplatzierung. "Damit hat sich die ÖAMTC-Strategie, Reifentests in verschiedenen Dimensionen parallel durchzuführen, einmal mehr als richtig erwiesen", stellt der ÖAMTC-Reifenexperte fest. Der Falken Eurowinter HS 439 erhielt als einziges Modell die Beurteilung "bedingt empfehlenswert". "Der japanische Hersteller konnte zwar die schwachen Nässe-Ergebnisse der Vorjahre verbessern, allerdings reichten die Werte auf Schnee nicht für eine bessere Bewertung", erklärt Eppel. In der am häufigsten verkauften Winterreifendimension 195/65 R15 T waren unter den 16 Testkandidaten neun völlig neue oder modifizierte Reifenmodelle. "Sechs der getesteten Pneus wurden mit 'sehr empfehlenswert' beurteilt. Diese Reifen zeigten im Test eine sehr ausgewogene Leistung und konnten in unterschiedlichen Kriterien Akzente setzen", erklärt der ÖAMTC-Experte. So überzeugten der Continental ContiWinterContact TS830 und der Semperit Speed-Grip 2 mit dem geringsten Verbrauch, während der Goodyear Ultragrip 8 die Bestnote auf Nässe erhielt. "Beim Michelin Alpin A4 wurde wiederum der geringste Verschleiß gemessen, der Pirelli Winter 190 Snowcontrol Serie 3 konnte hingegen auf Eis die beste Bewertung einfahren. Rundum konnte der Dunlop SP Winter Sport 4D überzeugen", fasst der ÖAMTC-Experte zusammen Auch in dieser Dimension finden sich unter den "empfehlenswerten" Produkten Modelle aus unterschiedlichen Preiskategorien, darunter auch der bei uns noch weitgehend unbekannte GT Radial aus Indonesien. Weniger gut schnitt beim ÖAMTC-Test auch in dieser Dimension der Falken Eurowinter HS439 ab. Dieser Reifen ist nur "bedingt empfehlenswert", weil er wie in der kleinen Dimension Schwächen bei Schneefahrbahn aufweist. "Mit 'nicht empfehlenswert' musste heuer nur ein Modell bewertet werden. Der Trayal Arctica aus Serbien glänzte zwar beim Verschleiß, zeigte aber leichte bis deutliche Schwächen bei fast allen anderen Prüfkriterien. Am deutlichsten trat die Schwäche des Reifens beim Griff auf nasser Fahrbahn zutage. Das wirkte sich beispielsweise durch sehr lange Bremswege aus und führte letztendlich zur Note 'nicht empfehlenswert'", erklärt der ÖAMTC-Reifenexperte abschließend.

Allrounder kein Ersatz für reine Winter- und Sommerreifen

Ganzjahresreifen sind vor allem bei Wenigfahrern eine beliebte Methode, dem halbjährlichen Reifenwechsel zu entgehen. "Der ÖAMTC hat sechs Modelle unter die Lupe genommen und erstmals einen getrennt von den übrigen Tests zu betrachtenden Ganzjahresreifen-Vergleichstest durchgeführt. Dabei wurden die Modelle sowohl mit Sommer- als auch mit Winterreifen verglichen. Erwartungsgemäß müssen bei den Allroundern einige Abstriche hingenommen werden", schildert ÖAMTC-Reifenexperte Friedrich Eppel. Auf trockener und nasser Fahrbahn sowie beim Kraftstoffverbrauch wurden die Ganzjahresreifen im ÖAMTC-Test mit Sommerreifen verglichen, auf Schnee, Eis und beim Verschleiß mit Winterreifen. Getestet wurden Goodyear Vector 4Seasons, Sava adapto, Vredestein Quatrac 3, Kleber Quadraxer, Hankook H730 Optimo 4S und Rigdon All Season 120. Es haben zwar auch andere Hersteller Ganzjahresreifen im Angebot, im zentralen Alpenraum sind allerdings vor allem diese Modelle von Bedeutung. Von den sechs getesteten Reifen wurde nur ein Modell (Goodyear Vector 4Seasons) mit "empfehlenswert" beurteilt. "Dieses Produkt ist zwar der beste Ganzjahresreifen, hat aber mit Schwächen auf Schnee und trockener Fahrbahn sowie leichten Schwächen bei Nässe zu kämpfen. Verschleiß und Kraftstoffverbrauch sind hingegen im grünen Bereich", hält der ÖAMTC-Experte fest. Alle anderen getesteten Pneus sind "bedingt empfehlenswert". Die Bestnote auf trockener Strecke erhielt der Vredestein Quatrac 3, der, wenn er bei Nässe etwas besser abschneiden würde, als guter Sommerreifen durchginge. "Die Kehrseite der Medaille ist aber bei diesem und bei praktisch allen anderen vom ÖAMTC getesteten Ganzjahresreifen die Schwäche auf Schnee", konstatiert Eppel. Einzig der Kleber Quadraxer zeigte ähnliche Schwächen auf nasser Fahrbahn, dafür wurde der geringste Verschleiß gemessen. Eine Alternative zu reinen Sommer- und Winterreifen bieten die Ganzjahrespneus also nicht. Dieser Test zeigt deutlich, dass sie nur ein Kompromiss sein können. "Die seriöse Beschreibung eines holländischen Herstellers 'Für Länder ohne extreme Winterverhältnisse, für flache oder leicht hügelige Gebiete mit gemäßigten Klima' trifft also voll zu. Im Alpenraum herrschen allerdings völlig andere Verhältnisse", erinnert ÖAMTC-Reifenexperte.

Neue Testmethode für 16 Zoll Winter-Breitreifen

Wer bei winterlichen Fahrverhältnissen auf einer kurvenreichen Bergstraße unterwegs ist, hat es vielleicht schon erlebt: In einer steiler werdenden Kehre muss Gas weggenommen werden, der Kurvenausgang ist besonders glatt und schon bleibt man hängen. "Für solche Missgeschicke ist meist nicht nur die Traktion, sondern die Seitenführung des Reifens verantwortlich. Wenn der Reifen zu stark nach außen schiebt, kann es sogar nötig sein, innerhalb der Kurve zu bremsen, um nicht in den Gegenverkehr zu rutschen. Auch in einer solchen Situation kann man hängen bleiben, weil der Schwung verloren geht", weiß ÖAMTC-Experte Willy Matzke. Der ÖAMTC testete deshalb zusätzlich zu den Standardgrößen als einziger europäischer Club sechs Breit-Winterreifen der Dimension 205/55 R 16 H in einer speziellen Bergprüfung. "Die sportlichen Pneus wurden nach den Standardprüfungen wie Nass, Trocken, Eis, Verbrauch und Schnelllauf praxisnah auf einer mehreren Kilometer langen Bergstrecke getestet", erklärt ÖAMTC-Reifenexperte Willy Matzke. Da die breiten Pneus auch ein entsprechend sportliches Fahrzeug verlangen, wurden erstmals bei einem Winterreifentest auch Autos mit Turbolader eingesetzt. "Besonders ausgewogen präsentierte sich im ÖAMTC-Test der Semperit Speed Grip 2, der den Konkurrenzprodukten vor allem beim Bremsvorgang auf nasser Fahrbahn überlegen war. Auf den Plätzen zwei und drei dieser Sonderprüfung folgten der Pirelli Snowcontrol 3 und der Dunlop Winter Sport 4D", fasst Matzke die Ergebnisse zusammen. Der neue Goodyear UG 8 und der Michelin Alpin 4 schwächelten in der Seitenführung.

Im Sommer durchgefahrene Winterreifen versagen

Es kommt nach wie vor häufig vor, dass Autofahrer ihre Winterreifen auch im Sommer benutzen. Ein Spezialtest des Clubs zeigt die Risiken auf. "Die ÖAMTC-Tester legten dafür eine Strecke von 20.000 km mit dem bewährten Michelin Alpin 4 zurück. Diese Distanz wurde in zwei Wintern und einem Sommer ohne einen Reifenwechsel abgespult", erläutert der ÖAMTC-Reifenexperte. Die nachfolgende Überprüfung der Pneus zeigte, dass die Gripkanten durch die starke Beanspruchung und unsachgemäße Verwendung abgerundet und entsprechend schwach wirksam waren. Der Traktionstest offenbarte, dass nach dieser harten Langzeitprüfung nur mehr knapp 60 Prozent der Zugkraft eines neuen Michelin Alpin 4 vorhanden waren. Beim Bremsen verlor der alte Reifen immerhin rund fünf Prozent Leistung auf das Neuprodukt. "Diese Zahlen zeigen, dass von einer Verwendung des falschen Reifentyps zur falschen Jahreszeit unbedingt abzusehen ist. Prinzipiell gilt für Autoreifen die Sicherheitsformel '4x4x4'. Man sollte immer vier gleiche Reifen am Auto haben, die Pneus nie länger als vier Jahre benutzen und darauf achten, dass das Restprofil nie vier Millimeter unterschreitet. Das ist bei Winterreifen ohnehin das gesetzliche Minimum" erklärt der ÖAMTC-Experte abschließend.